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Donnerstag, 4. Mai 2017

Japan bleibt hart: Keine Willkommenskultur für Flüchtlinge

In Nippon sehen sie alle gleich aus

Von Kyoko Hasegawa und Natsuko Fukue für www.News.Yahoo.com, 4. Mai 2017

Es ist nun ein Jahrzehnt her, dass Liliane ihr kleines Mädchen das letzte Mal sah. Aus Angst um ihr Leben floh sie aus Afrika und liess alles zurück, was sie kannte und liebte in der Hoffnung auf einen Neuanfang in Japan.

Heute hangelt sie sich mit kleinen Tätigkeiten durchs Leben und das wenige Japanisch, das sie beherrscht, hat sie sich größtenteils aus Fernsehsendungen gelernt. Von der Regierung kommt nur wenig Hilfe für Menschen wie sie: Kostenlose Sprachkurse sind begrenzt, Sozialwohnungen sind nur schwer zu finden und Diskriminierung ist weitverbreitet.

Und doch kann ich Liliane glücklich schätzen - sie bekam in Japan Asyl, einem Land, das über 99 Prozent aller Anträge ablehnt. Mit AFP spricht sie unter einem Pseudonym:

"Es war nicht leicht.

Hier bekommt man seine Ausbildung nicht finanziert, sie helfen einem nicht dabei, einen Kredit aufzunehmen, oder eine Sozialwohnung zu finden.. wir werden uns selbst überlassen, wir müssen uns selbst durchkämpfen."

In Europa und den Vereinigten Staaten wächst die flüchtlingsfeindliche Einstellung, in Japan aber müssen jene, die vor einer Tyrannei fliehen schon lange einen juristischen und sozialen Spiesrutenlauf über sich ergehen lassen.

Als eines der wohlhabendsten Länder der Welt hat Japan 2016 gerade einmal 28 Flüchtlinge aufgenommen - einen mehr, als im Jahr davor - und das von 8.193 Anträgen, die von der Einwanderungsbehörde bearbeitet wurden.

Offizielle verteidigen die niedrige Anzahl und sagen, die vor allem aus Asien stammenden Antragssteller, würden ausschliesslich aus wirtschaftlichen Gründen den Zugang zu Japan suchen. Der Sprecher der Einwanderungsbehörde Yasuhiro Hishida meinte:

"Die Zahl der Anträge aus Regionen, aus denen viele Flüchtlinge stammen, wie Syrien, Afghanistan und der Irak ist niedrig."


Flucht vor Verfolgung

Mit Hilfe der UN konnte Liliane bei ihrer Ankunft in Japan Asyl beantragen und gab an, dass ihr Leben in der Heimat bedroht sei wegen eines Stammeskonfliktes. Es dauerte zwei Jahre, bis die Behörde sie als Flüchtling anerkannte, ein Zeitraum, in dem sie Hilfe von der Katholischen Kirche und Hilfsorganisationen bekam.

Allerdings meint sie, hätte ihr der Status nur wenig gebracht. Sie ist einer Wiedervereinigung mit ihrem Kind - heute im Jugendalter - nicht näher gekommen, da der Tochter wiederholt untersagt wurde, zu einem Besuch zu kommen.

Für Liliane scheinen eine weitere Ausbildung und ein stabiles Leben jenseits des Möglichen. Sie erklärt:

"Für Ausländer ist Japan ein schwieriges Land. Die Sprache ist eine große Hürde für uns. Man muss absolut alles wissen, um damit beginnen zu können Japanisch zu sprechen, aber niemand weis, wo man kostenlose Kurse bekommen könnte.

Manchmal glaube ich, der Flüchtlingsstatus hat keinerlei Bedeutung."

Für Nonnon dagegen wäre der Flüchtlingsstatus wenigstens ein Zeichen der Zugehörigkeit.

Sie floh vor 25 Jahren aus ihrem Heimatland Myanmar vor der Militärdiktatur, hat aber noch immer einen unsicherern Status im Land, da sie nur aufgrund eines humanitären Aufenthaltsvisums im Land ist, das ihr den Aufenthalt und das Arbeiten ermöglicht, allerdings nur auf einjähriger Basis, weshalb sie dieses immer wieder erneuern muss. Die 47 jährige, die nur ihren Spitznamen aus der Kindheit angab sagte:

"Es ist als hätte ich keine Staatsangehörigkeit."

Sie hat versucht, sich in Japan ein Leben aufzubauen, sie heiratete einen Mann, der ebenfalls aus Myanmar stammte und sich um Asyl bewarb und sie haben zusammen einen Sohn und eine Tochter. Allerdings sind ihre Kinder effektiv staatenlos - sie werden von Myanmar nicht anerkannt und haben auch nicht die japanische Staatsbürgerschaft.

Flüchtlingsanwälte meinen, Japans System sei zu streng.

Anwalt Shogo Watanabe hilft einer Frau aus Myanmars Kachin Minderheit, die sagt, dass sie befürchten muss, von Soldaten vergewaltigt zu werden, die gegen die Milizen ihrer ethnischen Minderheit kämpfen, falls sie zurück geht. Über ihre Not sagte er:

"Für mich ist das Risiko, von jemandem aus dem Militär vergewaltigt zu werden ein legitimer Grund für eine Flucht.

Die Einwanderungsverantwortlichen aber sagen, man muss nachweisen, dass man auch wirklich vom Militär ins Visier genommen wird."


Geschlossene Türen

Kritiker sagen auch, dass die aktuelle Regierungspolitik den Bedarf des Landes nach Einwanderern ignoriert, da die Bevölkerung schrumpft. Hidenori Sakanaka, ein ehemaliger Vertreter des Justizministeriums, der eine einwanderungsfreundliche Denkfabrik leitet sagte:

"In Japan herrscht die Denkweise vor, dass man Ausländer draußen hält, da es eine Inselnation ist, die bis vor kurzem eine hohe Bevölkerung hatte."

Die Bevölkerung soll bis 2060 von heute 127 Millionen auf 87 Millionen sinken. Er fügte an:

 "[Japan muss mehr Migranten aufnehmen, damit die Gesellschaft offener für 'multiple Kulturen' wird... und muss auch mehr Flüchtlinge aufnehmen".

Die erste im März veröffentlichte Umfrage des Justizministeriums zur Diskriminierung gegen Ausländer ergab, dass 30 Prozent meinten, sie seien von Diskriminierung betroffen.

Einer von vier Befragten war auf Arbeitssuche und sie nehmen an, dass sie keine Stelle finden, weil sie keine Japaner sind. Liliane meint:

"Für uns mit unserer schwarzen Hautfarbe ist es etwas schwerer. Manchmal, wenn ich im Zug stitze wechseln Japaner den Platz."

Allerdings fügt sie auch an, dass sie nie Angst hatte um ihre Sicherheit, was in Europa ein großen Problem für Asylbewerber ist.

Sie sagt, sie wurde bei einer Lehrstelle trotz ihrer perfekten Englischkenntnisse ignoriert, als der Arbeitgeber merkte, dass sie aus Afrika stammt.

Nonnon, die momentan in einem Nagelstudio arbeitet, erzählt, dass ihr für die selbe Arbeit weniger gezahlt wurde, als Japanern. Sie vergleicht ihre Lage mit jener ihrer Familienmitglieder, die es in andere Länder schafften.

"Meine Verwandten in Amerika und Australien bekamen den Flüchtlingsstatus und danach die Staatsbürgerschaft. Sie finden Arbeit, können Häuser kaufen und ins Ausland reisen.

Sie können wie normale Menschen leben. Auch ich möchte als normaler Mensch leben können."





Im Original: Not welcome: Japan tough to crack for refugees
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